Kapitel 49. Rot und Silber.

49.1. Eine Schönburgiſche Wappenſage.

Das war der Herr zur ſchönen Burg am Rhein; Still lag er unter aufgetürmten Leichen. Da fingen in der Abenddämmrung Schein Die Franken vor den Sachſen an zu weichen.

Doch König Karl ſtand reckenhaft und wild, Gewaltig ſtreitend in dem Ring der Toten. Da reißt ein Fels ihm aus der Hand den Schild: Frei wird die Bruſt dem Todesſtoß geboten.

Doch ſieh, ein Blutender reckt ſich empor Und reicht ihm ſeinen Schild zum Weiterſtreiten. „Ha, ſteigen Tote ſelbſt für Karl hervor, So mögen Lebende den Tod erleiden!“

Wie ſtürmen wild die Franken nun heran! Es gilt mit Karl zu ſterben oder ſiegen. Und kühn durchbrechen ſie den dichten Bann, Der ihren König zwingt, wo tauſend liegen.

Die Sachſen fliehen nicht, doch ſinkt ihr Mut; Denn ihre Götter haben ſie verlaſſen, Und bei der Abendröte letzter Glut Erglänzt das Kreuz hoch ob Erſchlagner Maſſen.

Nur ein Held ſtellt dem Großen ſich zur Wehr, Hochragend wie der Sachſengötter einer, Held Wittekind, der Herzog frei und hehr; Sich kämpfend ihm zu nahen, wagte keiner.

Karl tritt zu ihm und beut ihm mild die Hand: „O werde Chriſt, Und Sachſen ſei dein eigen!“ Da bricht ſein Stolz, er ſtreckt die Hand zum Pfand: „Es ſiegt dein Gott, ich ſolge ſeinem Zeichen!“

Und jetzt betrachtet Karl den Schild, den Hort, Er ſchaut die Silberplatte in der Mitten. „Ha, Schönburg,“ ruft er, „haſt gelöſt dein Wort. Das du mir gabſt, als wir in Welſchland ritten!“

Dann ſucht mit den Getreuen er den Held. Bleich lag er da; das Blut entquoll den Wunden, Das reine Blut, mit dem ſein Wort er hält, Das einſt er gab in ritterlichen Stunden.

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Doch leiſe hebt die Bruſt ſich noch. „Er lebt!“ Noch einmal öffnen ſich die Augenlider: „Mein König!“ es von bleichen Lippen bebt, Und weinend knien des Königs Mannen nieder.

Da taucht den Finger Karl, erfüllt von Schmerz, Ins Heldenblut, für ihn dahingegeben; Zwei rote Streifen ſtreicht er auf das Herz Des Schildes, der gerettet ihm das Leben.

„So lebe fort! und ewig zeig dein Schild Dein reines Herzblut auf dem Silbergrunde; Du gabſt es für den Herrn, der dir vergilt, Und der dir heilen wird die ſchwere Wunde!“

Man hebt ihn auf, den ſchönen Herrn vom Rhein, In dem die Lebensgeiſter matt noch glühen, Und Karls Gemahlin pflegt mit Sorgfalt fein, Und holde Jungfrau’n teilen ihre Mühen.

Und als nun Wittekind zur Tauf’ erſchien Beim Feſt, es freuten ſich zwei Welten, Da führt auch Hildegard zum Throne ihn, Zum mächt’gen Gatten hin den bleichen Helden.

Und Karl gebot: „Sei, Schönburg, du mein Schutz, Nun fortan Wächter meiner Mark im Morgen; Es ſei das Muldenthal zu Schutz und Trutz Heut übergeben deinem treuen Sorgen!

Dort in dem Waldgebirg am Muldenſtrom Bau deine Burgen meinem Reich zur Ehre, Und bau Altäre in des Waldes Dom, Und gegen Heiden ſetze dich zur Wehre!

Für deine Treue ſegne dein Geſchlecht Mit reichem Lohn der Herr des höchſten Thrones!“ Und Kreuz und Scepter reicht er hin zum Recht: – Der Jüngling küßt das Bild des Gottesſohnes.

Br.Hanſchmann.