Kapitel 48. Kriebſtein und Rochsburg,

zwei Perlen landſchaftlicher Schönheit.

In den an landſchaftlichen Reizen ſo reichen und durch geſchichtliche Er­ innerungen ſo intereſſanten Thälern der Zſchopau und der Zwickauer Mulde liegen die beiden größten und älteſten Ritterburgen unſeres Vaterlandes: Krieb­ ſtein und Rochsburg, in der That zwei Perlen landſchaftlicher Schönheit, die Sitze alter, berühmter Geſchlechter, deren ſtolze Namen und ritterliche Thaten der Griffel des Geſchichtſchreibers der Gegenwart übermittelt hat.

Vor Betrachtung der herrlichen Bauwerke ſteigen wir zunächſt im Geiſte hinauf in die vom blauen Duft umwobenen, im herrlichſten Sonnenſcheine pran­ gende Gelände unſeres Erzgebirges.

Hoch oben, an den Nordweſtabhängen des Fichtelberges, iſt zwiſchen Mooſen und Mooren unter den breitäſtigen und weitköpfigen Kronen Jahrhunderte alter, knorriger Baumrieſen des großen Crottendorfer Waldes die Quelle der Zſchopau. Bald verſtärkt durch andere Gewäſſer, wühlt ſie ſich mutig und kühn ihr Bett tiefer in die Rippen des Gebirges und eilt als echtes Kind der Berge bald brauſend und ſchäumend über Wehre und felſiges Geſtein zwiſchen ſteilen Wänden, bald ſtill und ruhig zwiſchen waldumſäumten Wieſen, an freundlichen Dörfern, Städten und Burgen, namentlich an den gewerbreichen Orten Zſchopau und Frankenberg, ſowie an den Schlöſſern Wolkenſtein, Scharfenſtein und an Lichten­ walde mit ſeinem ſagenhaften Harrasſprung vorbei, der Niederung zu.

Wie ſchön auch der obere Lauf der Zſchopau iſt, der ſchönſte Teil des herr­ lichen Zſchopauthales beginnt doch erſt unterhalb Mittweida. Die mit ſaftigen Wieſen bedeckte Thalſohle wird ſchmäler, ſo daß kein Raum mehr für eine Straße oder menſchliche Wohnung vorhanden iſt. Das feurige Dampfroß hat längſt das Thal verlaſſen, und nur ein unbequemer Fußpfad führt an den ſteilen, oft jäh in das Flußbett abſtürzenden Felswänden des linken Ufers abwärts. Prächtige Buchen, Eichen und Birken bedecken die Höhen und ſteigen oft an den zerklüfteten Felswänden bis auf die Thalſohle herab. Zwiſchen dieſen Laubbäumen, die im Herbſte durch ihren in allen Farbenſchattierungen vom dunkelſten Grün bis zum

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tiefſten Rot prangenden Blätterſchmuck ein entzückendes Bild darbieten, erblickt man die dunkeldüſteren Kronen hochſtämmiger Fichten. Haſelnußſträucher, Erlen und Weiden vollenden den Schmuck des Thales, über welchem der ganze Zauber und die echte Poeſie deutſcher Waldesherrlichkeit liegen. Es iſt dies noch ein Stück Abgeſchloſſenheit und Weltverlorenheit in unſeren heimiſchen Bergen. Nur der liebliche Geſang der Droſſeln, der luſtige Schlag der Finken und der helle Glockenton der Pirole, das heimliche Rauſchen und Flüſtern tauſendblättriger Baumwipfel und das muntere Plätſchern des Fluſſes unterbrechen die Stille dieſer Einſamkeit.

Nachdem wir dieſe Waldidylle durchſchritten haben, erweitert ſich das Thal, und vor uns liegen hoch oben, gleich zwei Wächtern an der Ausgangspforte des ſchönſten Teiles des Zſchopauthales, die beiden Schlöſſer Kriebſtein und Ehren­ berg. Großartig iſt der Anblick der auf felſigem Vorſprunge der linken Thal­ wand gelegenen Burg Kriebſtein, die noch ganz das Gepräge einer alten Ritterburg vergangener Jahrhunderte trägt. Nicht in Trümmer und Schutt iſt ſie verfallen wie gar viele ihrer Schweſtern im Lande; in ihrer ganzen Pracht und Herrlichkeit grüßt ſie den Wanderer von luftiger Höhe herab. Ihr gilt nicht das Wort des Dichters:

„Du ſiehſt der Burgen bröckelnde Ruinen, Des Landmanns Qual einſt und der Bürger Schrecken, Den längſtgebrochnen Hochmut unter grünen Epheuguirlanden bettelſtolz verſtecken.“

Kriebſtein, in alten Urkunden Crywenſtein genannt, wurde am Ende des 14. Jahrhunderts vom Ritter Dietrich von Beerwalde erbaut, und obgleich im Laufe der Jahrhunderte das friedliche Thal oftmals vom Lärm wilder Kriegs­ völker wiederhallte, die Burg blieb ſtets erhalten und hat auch keine weſentlichen Veränderungen ihrer urſprünglichen Bauart erfahren.

Mächtig ſteigen aus der Zſchopau die ſteilen Wände des Schloßfelſens empor, und gewaltig erhebt ſich die Burg, von einem Hauptturme und ſechs kleinern Türmen geſchmückt, auf dem felſigen Untergrunde. Die altertümlichen Formen des aus vielen Abteilungen beſtehenden Baues, die zierlichen, ſpitz aufſteigenden Türmchen, die Giebel, Erker und all die verſchiedenen Anhängſel, die epheu­ umrankten alten Mauern, die mit ſchönen Baumgruppen bewachſenen Felswände und der waldige Hintergrund verleihen dem Ganzen ein maleriſches Ausſehen.

Auch die Umgebung der Burg iſt eine überaus reizende, und entzückend iſt der Blick von der Rüſtkammer in das tief unten liegende liebliche Thal, in welchem die Zſchopau, bevor ſie ſich unter einer Brücke hindurchwindet, ſchäumend und brauſend über ein Wehr ſtürzt. Die Fahrt auf der Zſchopau iſt daher für manches Floß und manchen Flößer ſchon verhängnisvoll geworden. Gewaltig bricht ſich das Waſſer an dem Schloßfelſen, und die plötzliche Biegung des Fluſſes, ſowie Wehr an Brücke erhöhen noch die Gefahr an dieſer Stelle. Gar oft zerſchellte das Floß und dem Felſen, und die unglücklichen Flößer verſanken in den Fluten, wenn es ihnen nicht gelang, ſich an den in die Felſen eingelaſſenen eiſernen Ringen feſtzuhalten, bis Hilfe kam. Seit alter Zeit iſt es daher Sitte, daß die Flößer,

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bevor ſie die gefährliche Stelle erreichen, ein kurzes Gebet ſprechen. – Von den jenſeitigen Höhen herab grüßt uns Schloß Ehrenberg, das dicht am Abhange der Thalwände rechts thront. Eng vermählt miteinander ſind bei Kriebſtein die alte und neue Zeit. Die mächtig vorwärts ſchreitende Induſtrie hat ihren Weg bereits auch in dieſes ſtille Thal gefunden. Während von der Höhe die Ritter­ burgen, die Zeugen längſt entſchwundener Jahrhunderte, herabblicken, ſetzt unten im Thale in einem mit rieſigem Schlote verſehenen Gebäude die Dampfmaſchine puſtend und keuchend das Getriebe einer großen Papierfabrik in Bewegung.

Das Schloß Kriebſtein bei Waldheim. Das Schloß Kriebſtein bei Waldheim.

Die Schickſale der Burg ſind mehrfach mit den Geſchicken unſeres engeren Vaterlandes verknüpft. Während des Bruderkrieges überließ der Kurfürſt Friedrich der Sanftmütige dem bekannten Ritter Kunz von Kaufungen, deſſen Güter durch Wilhelms Truppen zerſtört worden waren, Kriebſtein und Ehrenberg. Kunz er­ hielt dieſe Burgen nur unter der Bedingung, ſie dem Kurfürſten zurückzugeben, wenn ihm derſelbe zu ſeinem früheren Eigentume wiederverholfen haben würde. Der Ritter Kunz aber verweigerte nach dem Friedensſchluſſe hartnäckig die Zurück­ gabe. Als er nun zur Auslieferung der Burgen gezwungen wurde, beſchloß er, an ſeinem Kurfürſten und Herrn Rache zu nehmen, und führte mit einigen Helfers­ helfern den „Prinzenraub“ aus, eine Frevelthat, welche der Ritter bekanntlich mit dem Tode büßen mußte.

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Auch eine Begebenheit aus den älteſten Zeiten der Burg, die an die That der „Weiber von Weinsberg“ erinnert, iſt uns in den alten Chroniken aufbewahrt worden. Kaum hatte der Erbauer der Burg, Dietrich von Beerwalde, dieſelbe bezogen, ſo geriet er in eine Fehde mit dem Ritter Staupitz von Reichenſtein, der ihn auch aus ſeinem neuen Beſitztume vertrieb. Dietrich rief ſeinen Lehnsherrn Friedrich den Streitbaren, den damaligen Markgrafen von Meißen, zu Hilfe. Schnell eilte der kriegsluſtige Friedrich herbei und unternahm mit den aufgebotenen Bürgern von Rochlitz und Freiberg die Belagerung der Burg. Ritter Staupitz mit ſeinen Knappen und Reiſigen verteidigte ſich gar tapfer und erregte durch ſeinen hartnäckigen Widerſtand den Zorn des Markgrafen, der an der Beſatzung blutige Rache zu nehmen beſchloß. Endlich aber mußte doch der Ritter der Über­ macht erliegen. Nur die Rittersſrau fand Gnade vor dem erzürnten Markgrafen. Friedrich bewilligte ihr freien Abzug und gab ihr auch noch die Erlaubnis, das, was ihr am liebſten wäre, mit ſich zu nehmen. Da fiel raſſelnd die große, aus eichenen Planken beſtehende Zugbrücke herab. Die mächtigen, mit Eiſen beſchlagenen Thorflügel wurden geöffnet, und heraus trat die Rittersfrau, ihren Gemahl auf dem Rücken. Friedrich, umgeben von ſeinen Rittern und Mannen, in hellglänzender Rüſtung mit wehendem Helmbuſch, ſchaute anfangs beim Anblicke der Frau finſter drein; doch endlich, gerührt von der Treue der edlen Gattin, hielt der hochher­ zige Sieger ſein fürſtliches Wort und ſchenkte dem Ritter Freiheit und Leben.

Hat hier die Sage ſtill ihre Fäden gewoben? Vielleicht! Und doch ſchafft die Volksſage ihren Helden nicht im Traume. Sie wählt ſich den, der würdig ſich gezeigt hat, und ſchmückt ihren Liebling mit den ſchönſten Bildern der Phan­ taſie, um die Kunde von ihm und ſeiner That auf künftige Zeiten zu vererben. Darum, ſei das Berichtete Sage oder nicht:

Erzählen wird man doch von jener edlen Frau, So lang’ die Burg noch ſteht auf ihrem Grunde.

An landſchaftlichen Schönheiten und hiſtoriſchen Erinnerungen ſteht das Thal der Zwickauer Mulde dem Zſchopauthale nicht nach. Auch die Mulde be­ grüßt auf ihrem Laufe ſo manche ſchön gelegene Burg, z. B. Stein, Wildenfels, Wolkenburg u.ſ.w. Unterhalb Penig, im ſchönſten Teile des Muldenthales, da, wo ſteile, faſt ſenkrechte zackige und zerklüftete Felswände mächtig aus den Fluten der Mulde emporſteigen, liegt auf einem 60 Meter hohen, vorſpringenden Felſen, rings von Bergen mitgeben, am linken Ufer des Fluſſes die alte Bergveſte Rochsburg. Unter allen Ritterburgen Sachſens iſt ſie die am beſten erhaltene, ein wahres Juwel in dem Kranze landſchaftlicher Schönheiten unſeres Vater­ landes. Stolz blickt ſie in das Thal der ſchäumenden Mulde hinab, neben welcher auf künſtlichem Damme das feurige Dampfroß dahinjagt. Die mit prächtigem Laub- und Nadelwald bedeckten Berge der Umgebung erhöhen die entzückend ſchöne Ausſicht, die man von den Zinnen des Hauptturmes aus genießt. Die Lage der Burg auf faſt unzugänglichem Felſen gab derſelben in alter Zeit eine außer­ ordentliche Feſtigkeit. Starke, ſteil aufſteigende, mit Zinnen und Türmchen ver­

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ſehene Mauern, ein in den Felſen gehauener tiefer Graben, über den eine Zug­ brücke führte, gewaltige, eiſenbeſchlagene Thore erhöhten noch dieſe Feſtigkeit und machten den Feinden den Eingang in das Innere der Burg faſt unmöglich.

Der Urſprung der Burg iſt unbekannt; doch iſt urkundlich feſtgeſtellt, daß dieſelbe bereits im Jahre 1200 vorhanden war. Denn in dieſem Jahre erſchien ein Ritter von Rochsburg auf dem allgemeinen Landtage, den Markgraf Dietrich der Bedrängte von Meißen auf dem Kolmberge bei Oſchatz hielt. Nachdem in früheren Zeiten die Beſitzer vielfach gewechſelt halten, ging die Burg im 16. Jahr­ hundert in den dauernden Beſitz der Herren von Schönburg über. Kriegs­ völker Johann Friedrichs des Großmütigen verwüſteten dieſelbe im Jahre 1547, da ſich der damalige Beſitzer mit Herzog Moritz gegen den Kurfürſten von Sachſen verbunden hatte. Nachmals wurde ſie durch eine bedeutende Feuersbrunſt, die auch den älteſten Teil, den Hauptturm, mit ergriff, faſt gänzlich zerſtört; doch erhob ſich durch die Thatkraft und Umſicht des Beſitzers bald aus der Aſche ein neuer, ſchöner Bau. Die Kriegsſtürme der ſpäteren Zeiten ſind an dieſem ſpurlos vorübergegangen. Trotz der verſchiedenen baulichen Veränderungen, die ſich im Laufe der letzten Jahrhunderte notwendig gemacht haben, zeigt Rochsburg noch heute das Gepräge einer echten alten Ritterburg, und es verlohnt ſich wohl, daß jeder, der nicht mit den Flügeln des Dampfes das romantiſche Mulden­ thal zu durcheilen genötigt iſt, ihr einen Beſuch abſtattet.

In wenig Minuten erreicht man vom Thale aus die Höhe des Schloßberges. Anmutig iſt das Bild, welches ſich ſchon während des Aufſtiegs vor den Augen des Beſchauers entfaltet. Der Blick hinab auf die Mühle drunten im Thale, auf das Wehr, über welches ſchäumend die Mulde ihr Waſſer ergießt, auf die Hänge­ brücke und auf die unter Bäumen verſteckten Häuſer des Dorfes iſt gar reizend und feſſelnd. Nicht mehr wie in alter Zeit kündet der langgezogene, ungefüge Ton des Wächterhornes von hoher Turmwarte die Ankunft eines Fremden. Ungehindert durchſchreitet man den äußeren Vorhof, der von einer hohen, dicken und mit einer großen Anzahl von Schießſcharten verſehenen Mauer umgeben iſt. Über eine neuerdings wiederhergeſtellte Zugbrücke gelangt man an das erſte, zum Teil in Felſen gehauene große Schloßthor. Der Kaſtellan, der den kleinen, mit einer Galerie gekrönten Turm bewohnt, geleitet den Wanderer in das Innere der Burg.

Durch das mit Zinnen und einem alten Wappen gezierte Thor tritt man nun in den Zwinger, welcher nördlich von den hohen Mauern des Schloſſes, ſüdlich von einer Ringmauer mit bedecktem Gange eingefaßt wird. Auch dieſe Mauer iſt mit Schießſcharten verſehen, hinter welchen in alter Zeit die Dienſt­ mannen des Ritters, mit Armbruſt und Wurfſpießen bewaffnet, in geſchützter Stellung ſtanden, um von hier aus das tödliche Geſchoß in die Reihen der an­ greifenden Feinde zu ſchleudern. Vielfach findet der aufmerkſame Beobachter in der Burg, im Vorhofe und im Zwinger die Zeugen einer längſt entſchwundenen Zeit. Im Geiſte ſieht er wohl dann mächtige Rittergeſtalten hoch zu Roß, ge­ panzert vom Kopf bis zur Sohle, durch die Thore der Burg einziehen. Gar herrlich prangen in den Strahlen der Sonne die goldglänzenden Rüſtungen, und

Das Schloß Rochsburg bei Penig. Das Schloß Rochsburg bei Penig.

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gar anmutig ſchauen die Frauen und Töchter der Ritter, blitzendes Geſchmeide im Haar, am Halſe und am Arme, und in prächtige lange, wallende Gewänder gekleidet, herab auf das fröhliche Treiben, das ſich in dem Burghofe und im Zwinger entfaltet. Nun hallt der geräumige Zwinger wieder von dem luſtigen Wiehern und dem dröhnenden Hufſchlage mutiger Roſſe, und die Luft erzittert von dem Klange der Schwerter und der Lanzen. Es vernimmt wohl der träumende Wanderer auch im Geiſte das ſchallende Jauchzen aus dem Munde holder Frauen, die mit lautem Beifalle den kühnen Sieger begrüßen. Aus dem wildreichen Tann aber dringt an ſein Ohr das fröhliche Halali der Jäger, das luſtige Trara des Jagdhorns und das muntere Gekläff der losgekoppelten Meute.

Am Ende des Zwingers tritt man durch ein Thor in den von Wirtſchafts­ gebäuden gebildeten äußeren Schloßhof, in deſſen letztem Teile der viereckige, 25 Meter hohe, mit vier ſich kreuzenden Giebeln und einer ſchlanken Spitze ver­ ſehene Turm ſteht, der in früherer Zeit als Pulverturm diente. Auf einer breiten Treppe ſteigt man aus dem äußeren Schloßhofe in den inneren Hof des quadra­ tiſch erbauten Schloſſes, das die Spitze des Berges krönt und in ſeinen drei Stockwerken prächtig eingerichtete Wohnzimmer der gräflichen Beſitzer, Säle mit mancherlei Altertümern und die im Jahre 1500 erbaute Schloßkapelle enthält. Auf dieſem Hofe befindet ſich ein über 80 Meter tiefer Brunnen. Aus demſelben führt ein durch den Felſen gehauener Gang ins Freie. Man erzählt, daß einſt ein Ritter ſich vor ſeinen Feinden nur dadurch zu retten wußte, daß er ſich im letzten Augenblicke an einem Seile in den Brunnen hinabließ und durch den ge­ heimen Gang aus der Burg entfloh.

Das Schloß, deſſen maleriſcher Eindruck noch durch eine Anzahl Giebel und durch mehrere kleine Türme, die unterhalb des Hauptſchloſſes die Mauern zieren, erhöht wird, trägt einen 32 Meter hohen dicken Hauptturm, der in alten Zeiten als Wart- und Verteidigungsturm der Burg Frieden und Schutz verleihen ſollte.

Tief drunten in dieſem Turme befand ſich das ſchauerliche Burgverlies, in welchem zwiſchen drei Meter dicken Mauern die Gefangenen des Ritters elend, vielleicht auf immer verlaſſen, in Moder und Finſternis den Reſt ihres Lebens vertrauerten.

Doch wenden wir den Blick weg von dieſem düſteren Bilde längſt entſchwun­ dener Zeiten. Steigen wir hinauf auf die luftigen Zinnen des Turmes, wo uns würzig reine Luft und hellglänzendes Sonnenlicht umfluten. Ein in wunderbarer Pracht ausgebreitetes Panorama liegt vor uns, und mit Entzücken ſchaut das Auge auf das in herrlichſter Beleuchtung ruhende liebliche Thal zu beiden Seiten der wild ſchäumenden Mulde, auf die blühenden Gärten und ſchönen Promenaden in der näheren Umgebung des Schloſſes, auf all die ſaftigen Wieſen und bunten Felder und auf die mit prächtigem Wald bedeckten Höhen der vom Schöpfer ſo reich geſegneten Gegend.

AlfredLeuſchke.

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