Das Lied preiſt nicht den Alpenrieſen, Des eiſ’ges Haupt erglüht im Strahl: Mit Freuden will es dich begrüßen, Mein Berg im ſchönen Muldenthal![9] In Anmut, nicht in wilder Größe,
In deines Waldes grünem Kranz, Mit deiner Halden roter Blöße: So leuchteſt du im Sonnenglanz!
Wie ſtolz ſchauſt du nach Oſt hernieder, Wo an den Fuß der Fluß ſich ſchmiegt! Auch nordwärts blickſt du als Gebieter, Wo in dein Thal mein Rochlitz liegt. Ums Wetter will ſich mancher ſorgen, Wenn ſich dein Haupt in Nebel hüllt; Der Landmann fühlt ſich wohlgeborgen, Weil ihm dein Schutz die Scheuer füllt.
Und folgen froh wir deinem Winken Auf ſchmalem, waldumſäumtem Pfad: Da wird die Seele Labung trinken, Den Leib erfriſcht der Lüfte Bad;
Und die „Baſtei“ zeigt zum Entzücken; Dort thront des Schloſſes alter Bau! Wie freundlich jene Häuſer blicken! Wie lieblich glänzt die Muldenau!
Je höher wir allmählich ſteigen, Je größer wird die Zaubermacht: Der Wald von Buchen und von Eichen Entfaltet ſeine volle Pracht; In dieſes Domes heil’gen Hallen Schwingt ſich der Geiſt zum Himmelszelt, Und mit der Vögel Liedern ſchallen Der Sänger Grüße durch die Welt.
Und neues Staunen wartet droben: Zerriſſen iſt dein Leib von Stein, Den einſt die Feuerkräfte hoben, Das kündet uns ſein roter Schein; Hohl gähnen Klüfte, ſteile Wände, Sie ragen aus der Tiefe Schoß, Und drunten brechen fleiß’ge Hände Seit alter Zeit den Porphyr los.
Als Herrſcher in der Berge Kette Biſt du mit einem Turm gekrönt; Wie weihevoll iſt dieſe Stätte, Die Volkes Liebe hat verſchönt! Den Schmuck ſollſt du zum Zeugnis tragen im Sonnenſchein und Wetterbraus, Daß treu der Sachſen Herzen ſchlagen Dem angeſtammten Fürſtenhaus!
Des Königs Friedrich Auguſt Namen Trägt zum Gedächtnis deine Kron’. Der Edle ſtreute manchen Samen, Dafür ward ihm der Liebe Lohn; Dem warmen Freund der Kunſt, des Schönen, Der Berge und der bunten Flur, Ihm ſoll ein lauter Gruß ertönen Im heil’gen Tempel der Natur!
Welch herrlich Bild iſt uns erſchloſſen, Schaun wir vom Turme in das Thal! Vom Sonnenlichte übergoſſen Erglänzt der Orte große Zahl; Im Wechfel zwiſchen Au’n und Tannen Zieht ſich der Mulde Silberband,
Von Süd nach Norden wir umſpannen Das ganze ſchöne Sachſenland.
Wie ſtrahlet doch im hellen Glanze, Wenn durch das Abendgold umflammt, Dein Kleinod aus des Waldes Kranze Wie ein Juwel aus grünem Samt! Ein Hochgenuß ward uns beſchieden Durch deine Reize manches Mal; Und ſchieden wir, blieb uns dein Frieden, O ſchönſter Berg im Muldenthal!
[9] Der Rochlitzer Berg erhebt ſich unweit der Städte Rochlitz und Wechſelburg auf dem linken Muldeufer in nur geringer Höhe. Er beſteht aus einem weichen roten Porphyr, der unter dem Namen „Rochlitzer Sandſtein“ vielfach als Bauſtein, aber auch zu Steinmetz- und Bildhauerarbeiten Verwendung findet. Aus dieſem Grunde ſind auf und an dem Berge zahlreiche Steinbrüche mit gewaltigen Schutthalden zu ſehen. Der Rücken des Berges iſt von einem herrlichen Walde bedeckt. Die Kuppe wird von einem Turme gekrönt, der zum Andenken an König Friedrich Auguſt II. gebaut und auch nach ihm benannt iſt. Von dieſem Turme aus hat man einen Blick in das reizende, reich geſegnete Muldenthal mit dem unmittelbar am Fuße des Berges gelegenen Rochlitzer Schloſſe und über einen großen Teil unſeres lieben Vaterlandes. Mit Recht wird der Rochlitzer Berg ein „Juwel des Sachſenlandes“ genannt.