Der Kurfürſt Johann Georg von Sachſen veranſtaltete am 13. Juli 1615 in ſeiner Reſidenz Dresden ein Konzert, das in der Geſchichte der Muſik ſeines gleichen nicht hat. Das Konzert ſtellte eigentlich ein Oratorium vor, in dem die Geſchichte des Holofernes abgehandelt wurde. Den Text hatte ein gewiſſer Matheſius Pflaumenkern verfertigt, die Muſik aber war von dem Hofkantor Hilarius Grundmaus. Nachdem letzterer ſeinem Herrn, dem Kurfürſten, ſeinen Plan zu dieſer großen Muſikaufführung vorgelegt hatte, erhielt er nicht nur die gnädige Erlaubnis dazu, ſondern auch ein Geſchenk von „fünf Fäßlein Bier“ aus der Hofkellerei, mit dem Bedeuten, daß er etwas Außerordentliches aufführen ſolle, der Kurfürſt wolle alle Koſten tragen. Dieſem Befehle gemäß wurden alle Muſiker in Deutſchland, Frankreich, Polen und Italien eingeladen, ſich mit ihren Geſellen bei dem großen Muſikfeſte in Dresden zu beteiligen.
Am Tage Syrilli, den 9. Juli 1615, fanden ſich denn auch 576 Inſtru mentiſten und, ohne die anweſenden Chorſchüler, 915 Sänger an dem Orte ihrer
Beſtimmung ein. Die erſteren brachten nicht nur die gewöhnlichen, ſondern auch viele ſeltſame, noch nie geſehene Inſtrumente mit. Inſonderheit führte ein ge wiſſer Rapotzky aus Krakau in Polen eine „gräuliche“ Baßgeige mit ſich, die auf einen Wagen gepackt war, den acht Mauleſel zogen, und welche ſieben Ellen hoch war. An derſelben war künſtlich ein Leiterchen angebracht, auf welchem Rapotzky nach Gelegenheit der hohen und niederen Töne, um ſelbige dem Ungeheuer abzu gewinnen, mit dem Bogen auf- und niederſprang. Die Rolle des Holofernes zu ſingen, hatte ein Studioſus, Namens Rümpler, aus Wittenberg übernommen. Dieſer hatte die Begünſtigung erhalten, ſeine ungeheuere Baßſtimme durch be liebiges Biertrinken im Gaſthofe, ohne Bezahlung zu leiſten, noch mehr zu ſtärken.
An dem beſtimmten Tage wurde das Konzert aufgeführt und zwar „hinter dem Finkenbüſchlein“, um einen Hügel herum, nachdem die nötigen Gerüſte und Erhöhungen für den Hof, die Zuſchauer und die Muſiker hergeſtellt waren. Aus Beſorgnis, daß die ungeheuer ſtarke Baßgeige des Rapotzky doch vielleicht gegen die Menge der anderen Inſtrumente nicht durchdringend genug ſein möchte, ließ der Kantor Grundmaus um die auf dem Hügel ſtehende Windmühle von einem Flügel zum andern ein ſtarkes Schiffstau ſpannen, das gleichſam den Kontrabaß abgeben ſollte und mit einer Schrotſäge geriſſen wurde. An der Seite des Halb kreiſes ſtand eine große Orgel, welche der Pater Serapion mit Fäuſten ſchlug. Anſtatt der Pauken waren kupferne Braubottiche zu den Chören des Stückes zu recht gemacht, und weil dieſe dem Kantor Grundmaus noch zu ſchwach zu ſein ſchienen, ſo befahl der Kurfürſt, zur Verſtärkung des Paukenſchalles etliche Kar taunen herbeizuſchaffen, die gehörig geſtimmt und bei der Aufführung ſelbſt vom Oberhofkanonier gelöſt wurden.
Die Aufführung dieſer gewaltigen Muſik gelang über alle Maßen wohl und erregte die höchſte Bewunderung aller Anweſenden. Unter den Sängern zeichnete ſich beſonders die berühmte Donna Bigazzi aus Mailand aus, welche mit ſolcher Anſtrengung und Stärke einen Triller ſchlug, daß ſie den dritten Tag darauf ſtarb. Der zur damaligen Zeit berühmteſte Violinſpieler Giovanni Scioppio aus Cremona trug einige ſchwere Stücke in größter Vollkommenheit vor, indem er die Violine hinter ſich auf dem Rücken ſpielte. Der genannte Student Rümpler ſang unter Begleitung der großen Krakauer ſieben Ellen hohen Baßgeige eine Baßarie mit ſolcher Stärke, daß alles erzitterte. Das Ganze beſchloß eine Doppelfuge, wobei die ſingenden Chöre in vollem Ernſte gegeneinander in Thätlichkeiten ge raten, indem diejenigen, welche die fliehenden Affyrer vorſtellten, von den loſen Chorſchülern, den ſiegenden Israeliten, mit unreifem Obſte und Erdklößen geworfen wurden, worüber der Kurfürſt ſo lachte, daß er – „ſich das Bäuchlein halten mußte“. Die geworfenen Affyrer (die fremden Sänger) konnten nur mit Mühe abgehalten werden, ihren Feinden Gleiches mit Gleichem zu vergelten, wodurch das Schau- und Hörſpiel beinahe blutig geendet hätte. — Der Hofkantor erhielt außer dem ſchon erwähnten Geſchenk von „fünf Fäßlein Bier“ eine Belohnung von einem Fäßchen Ungarwein und 50 Meißner Gülden.