„Einen Blick von ihren Höhen! Majeſtätiſch ruht im Thal Sachſens Königsſtadt, mein Dresden, leicht umglänzt vom Morgenſtrahl. Stolze Brücken, kühn geſchwungen, ſtehn im maſtenreichen Strom, Und in ſeinen klaren Fluten ſpiegelt ſich der ſchlanke Dom. Mit den vollſten Blumenkränzen ſchmückt der jugendliche Lenz Dich, Juwel des Sachſenlandes, herrlich ſchönes Elbflorenz! Und noch ſchön’rer Geiſtesfrühling giebt dir ewig neuen Ruhm, Biſt du doch der Kunſt, der hehren, hochgeweihtes Heiligtum!“
So verkündet in begeiſterten Worten der Dichter das Lob der ſächſiſchen Haupt- und Reſidenzftadt Dresden. Und wahrlich, wir ſingen’s ihm nach aus vollem, freudigem Herzen; denn Dresden nimmt nicht nur unter den deutſchen Reſidenzen, ſondern auch im Kreiſe der Städte Europas einen hervorragenden Rang ein.
Der im Mittelalter von den Sorben angelegte Ort mag jetzt etwa tauſend Jahre alt ſein; ſein Urſprung iſt, wie der der meiſten Städte, in ſagenhaftes Dunkel gehüllt. Der Name Dresden ſoll „Fähr- oder Waldort“ bedeuten; in den noch vorhandenen Urkunden tritt er zum erſten Male im 13. Jahrhundert auf.
Schon damals hatte Dresden als wichtiger Verkehrsort eine nicht geringe Bedeutung. Mit der Zeit iſt dieſelbe erheblich gewachſen, und neuerdings iſt Dresden geradezu Weltſtadt geworden. Seine Lage an beiden Ufern der Elbe, die hier einen nach Südweſten vorſpringenden Bogen bildet, ſowie inmitten eines anmutigen Thalkeſſels der von ſanft abfallenden, mit Landhäuſern, Weinbergen und freundlichen Dörfern geſchmückten Berghöhen umzogen iſt, die größenteils regel mäßige Bauart, ſodann die durch die Prachtliebe kunſtſinniger ſächſiſcher Fürſten im Laufe der Jahrhunderte entſtandenen Paläſte und öffentlichen Bauwerke, end lich die hier vereinigten, der Wiſſenſchaft und Kunſt gewidmeten Muſeen — das alles hat dazu beigetragen, Dresden zu einer Städteperle zu machen und ihm die allgemeinſte Aufmerkſamkeit und Bewunderung zu ſichern. Ja, bis zum Auf
blühen Berlins unter Friedrich dem Großen wurde Dresden mit Recht als die ſchönſte und kunſtſinnigſte Stadt Deutſchlands, als das „Florenz an der Elbe“ geprieſen. Darum ſchrieb der ſinnige Poet Herder in der „Adraſtea“: „Blühe, deutſches Florenz, mit deinen Schätzen der Kunſtwelt! Stille geſichert ſei Dresden Olympia uns!“
Beginnen wir jetzt vom Leipziger Bahnhof aus eine kurze Wanderung durch die freundliche Königsſtadt, deren Glanzperiode mit der Regierung Auguſts des Starken anhebt.
Zuerſt bewundern wir die edle Einfachheit und die ſchönen Verhältniſſe bei sparſamer Ornamentik am Japaniſchen Palais; dasſelbe, in den Jahren
Das Japaniſche Palais.
1715–1717 vom Feldmarſchall Grafen von Flemming erbaut, iſt eine Schöpfung
des Architekten Jean de Bodt. Es iſt herrlich gegenüber der Einmündung der
breiten Königsſtraße an einem großen, freien Platze, dem Kaiſer Wilhelms-Platze,
gelegen und mit einem ſchönen Garten, der bis ans Ufer der Elbe reicht, geziert.
Durch Ankauf in den Beſitz Friedrich Auguſts
Ein Blick auf die Auguſtusbrücke und ihre Umgebung von der Marienbrücke aus.
Treppenaufgang führt zu einer Reihe hoher Säle und Zimmer, die ſamt den Räumen des Erdgeſchoſſes 500000 Bände gedruckter Bücher, 6000 wert volle Handſchriften und 20000 Landkarten zu jedermanns unentgeltlicher Be nutzung enthalten.
Nunmehr lenken wir unſere Schritte nach dem etwas plumpen Reiter
ſtandbilde Auguſts des Starken, das vor dem Blockhauſe in der Neuſtadt,
am Eingange der Hauptallee, den „Dresdner Linden“, errichtet worden iſt.
Dieſes Denkmal, von dem Kupferſchmied und Hauptmann Ludwig Wiedemann
im Auftrage Friedrich Auguſts
Hierauf betreten wir die Alte Brücke oder Auguſtusbrücke, welche die beiden Stadtteile Neu- und Altſtadt miteinander verbindet und als Hauptpuls ader für den öffentlichen Verkehr während des Tages ein ſehr belebtes Bild bietet. In Holz erbaut um 1070, in Stein und Holz von 1119 an, ganz in Stein 1143, iſt ſie durch Pöppelmann in den Jahren 1727–1731 ſo herge ſtellt, wie ſie heute noch daſteht. Sie ruht auf 17 Pfeilern mit 16 Bogen und iſt 402 Meter lang und 11 Meter breit. Seit 1670 trug der fünfte Pfeiler ein reich vergoldetes Kruzifix, das bei der Waſſerflut am 30. und 31. März 1845 in den Strom hinabſtürzte und nicht wieder aufgefunden worden iſt.
Ein Blick von der Auguſtusbrücke wird jedem unvergeßlich bleiben. Der lieblich geſchwungene Bogen des Elbſtromes mit ſeinen zahlreichen Schiffen; die beiden anderen Brücken, die Marien- und Albertbrücke, zu denen ſich bald noch die faſt vollendete vierte, die Carolabrücke, geſellen wird; die eigenartigen Bauten und villengeſchmückten Gärten und Höhen elbaufwärts über Loſchwitz hinaus und auf der entgegengeſetzten Seite bis zu den violettſchimmernden, ſteilen Reben hügeln der Lößnitz und der Meißner Berge hinab — das giebt ein Rundbild von unvergleichlicher Schönheit, ein Bild, wie es in gleicher Harmonie nicht leicht an irgend einem anderen Orte der Welt gefunden wird.
Das Auge des Fremden haftet nun hauptſächlich an dem Punkte in der Alt ſtadt unweit der Elbe, wo nahe bei einander die katholiſche Hofkirche, das König liche Schloß, das Hoftheater und der Zwinger ſtehen und die Brühlſche Terraſſe eine der ſchönſten Ausſichten gewährt.
Einen gewaltigen Eindruck macht die im Barockſtile ausgeführte katholiſche Hofkirche, die größte Kirche Sachſens, die unter den Prachtgebäuden Dresdens jederzeit eine der erſten Stellen einnehmen und als eines der intereſſanteſten Bauwerke geſchätzt werden wird. Von der Auguſtusbrücke geſehen, bringt ſie eine prächtige, ſtrahlende Wirkung hervor durch ihren luftigen und eleganten Aufbau und durch die vollendete Harmonie aller Verhältniſſe; überall zeigt ſich die richtige Verteilung, das Maßvolle und die am rechten Orte angewandte Steigerung und Häufung der Formen. Vollendet wird die reizende, maleriſche Geſamtwirkung aber erſt durch die geſchickte Ausführung und Verwendung der 78 Figuren von Heiligen, welche die Brüſtungen der doppelten Galerie des Kupferdaches und ver schiedene Niſchen ſchmücken, und welche, ausgezeichnet durch die edle Haltung in
den verſchiedenſten Stellungen, von den Sachverſtändigen als perſpektiviſche Kunſt werke und optiſche Kunſtſtücke bewundert werden. Für jede dieſer größeren Figuren wurden dem Bildhauer Mattielli 900, für jede der kleineren aber 500 Thaler
Die katholiſche Hofkirche zu Dresden.
bezahlt, während der Zeichner derſelben, Torelli, 8 Dukaten für jeden Entwurf
erhielt. Mit der Planung des ganzen Baues und ſeiner Ausführung wurde vom
prachtliebenden König Auguſt
Modelle“. Auf dem gewaltigen Platze zwiſchen Schloß und Elbe entſtanden nun zunächſt die verſchiedenartigſten Gebäude für die Zwecke des Baues, eine Stein metz- und Kalihütte, eine Tiſchler-, Schloſſer- und Schmiedewerkſtatt, ſowie Ställe, eine Bauſchreiberei und ein Steinplatz — Anlagen, welche man als „Italieniſches Dörfchen“ bezeichnete. Dieſer Name hat ſich bis auf die neueſte Zeit für das an dieſem Platze und an der Elbe gelegene bekannte und volkstümliche Reſtaurant „Helbigs“ erhalten.
Am 28. Juli 1739 erfolgte ohne beſondere Feſtlichkeit die Grundſteinlegung, am 29. Juni 1754 die Einweihung der Kirche, deren Baukoſten und innere Ausſtattung die ungeheure Summe von 1040954 Thaler 21 Gr. 3 Pf. betragen haben. Die berühmte Orgel Gottfried Silbermanns, der im Inneren ſeines Rieſen inſtruments infolge eines Schlaganfalles während des Probierens der Orgelpfeifen am 4. Auguſt 1753 geſtorben ſein ſoll, koſtete 20000 Thaler. Das ſilberne Kruzifix und die ſechs großen Leuchter des aus Maxener Marmor gearbeiteten und durch ein 10 Meter hohes und 5 Meter breites Gemälde von Mengs gezierten Hoch altars ließ der König in Augsburg von Ignaz Bauer 1752 fertigen. Dieſe Gegenſtände, 2 Meter hoch, erforderten die Summe von 84000 Thaler; das ſilberne Poſtament des Kruzifixes wiegt allein 294 Pfund.
In unmittelbarer Nähe der katholiſchen Hofkirche liegt das Reſidenzſchloß mit ſeinen romantiſchen, altertümlichen Turmhöfen. Herzog Georg der Bärtige wandte, nachdem er zunächſt für die Sicherheit der Stadt, für Befeſtigungen, ſtarke Auſenwerke u. ſ. w. geſorgt hatte, ſeine beſondere Aufmerkſamkeit und ſeine Bauluſt dieſem Schloſſe ſeiner Ahnen zu, das ſich dann unter ſeinen einſichtigen, mächtigen und reichen Nachfolgern immer mehr erweiterte und nach und nach die Geſtalt annahm, die es im allgemeinen heute noch hat. In ſeinem Äußeren vereinigt es, da es zu verſchiedenen Zeiten erbaut worden iſt, die Bauſtile mehrerer Jahrhunderte. Neuer dings erhält es durch einen Umbau, der bereits zur Hälfte vollendet iſt, ein ein heitlicheres und im Gegenſatze zu dem bisherigen nüchternen Äußeren wahrhaft prächtiges Gewand. Der eine Schloßhof, der hell und weit und ſchmuckvoll aus geſtattet iſt, bildete oft den Schauplatz ritterlicher Spiele.
Reichen Glanz entfaltet das Schloß in ſeinem Inneren. Als hervorragend
ſind zu nennen der Bankettſaal mit Deckengemälden, welche die Gerechtigkeit,
Weisheit, Tapferkeit und Mäßigkeit, ſowie des Lebens Luſt und Leid von der Wiege
bis zum Grabe darſtellen, der Ballſaal mit den Sinnbildern der ſchönen Künſte:
der Poeſie, des Tanzes, der Muſik und des Schauſpiels, der Konzertſaal mit
reicher Vergoldung und der Eckparadeſaal mit dem Königsthrone um den herum
in den Wandfelderm mit Fresken von Bendemann verziert, die Geſtalten der vor
züglichſten Geſetzgeber und Regenten dargeſtellt ſind. Dem Throne gegenüber zeigen
vier große Gemälde aus dem Leben Heinrichs
Die Wohnzimmer des Königs liegen im erſten Stock über dem Georgenthor, die der Königin im zweiten.
Im Erdgeſchoſſe des weſtlichen Schloßflügels iſt die königliche Schatzkammer untergebracht, das Grüne Gewölbe, das in acht Sälen weltberühmte Koſtbar
keiten von kunſtgewerblichem und kulturhiſtoriſchem Intereſſe enthält: wertvolle Ringe und Armſpangen, leuchtende Diamanten und Rubinen, den größten Onyx der Welt mit weißem Rande, Halsbänder aus Edelſteinen und Perlen, goldene Gefäße und ſeltene Uhren, feine Kunſtarbeiten früherer Jahrhunderte und mancherlei Kurioſitäten. Waffen der verſchiedenſten Zeitalter aus Italien und der Türkei. Figuren aus Bronze und Elfenbein, der Kriſtallbecher Luthers und der Brillant ſchmuck der Königin: Tauſende von Prachtſtücken leuchten hier dem Auge des Be ſchauers entgegen. Fürwahr, das Grüne Gewölbe ſteht in Europa einzig in ſeiner Art da; es hat einen wirklichen Wert von über 40 Millionen, während ſein Kunſtwert ſich gar nicht abſchätzen läßt. Der Name „Grünes Gewölbe“, der
Teilanſicht vom Zwinger zu Dresden.
bereits im 17. Jahrhundert vorkommt, wird bald von den Gartenanlagen her geleitet, welche ſich einſt vor den Fenſtern der Sammlung befanden, bald, was noch glaubhafter iſt, von der früheren grünen Färbung der Wände.
Einen andern höchſt wertvollen Schatz beſitzt Dresden in der Gemälde galerie, untergebracht in dem 1854 vollendeten Muſeum, durch deſſen Bau Semper in genialem Wurfe den Renaiſſanceſtil der Neuzeit begründete. Zu gleich ſchuf Sempers Meiſterhand damit einen echt künſtleriſchen Abſchluß des Zwingers, des phantaſtiſchſten, im Barockſtil gehaltenen Bauwerkes Auguſts des Starken. Bekanntlich war der Zwinger, der 1711 vollendet ward, nur als Vorhof eines freilich nicht zur Ausführung gekommenen Prachtſchloſſes gedacht, welches ſeine gewaltige Front mit den Terraſſen gegen die Elbe kehren ſollte. Der Zwinger bildet ein 250 Meter langes und 100 Meter breites Viereck, deſſen weiten Raum eine lange Galerie mit 6 Pavillons und 3 Portalen umſchließt, und in deſſen Mitte ſeit 1843 das Denkmal Friedrich Auguſts des Gerechten, ein Werk Riet ſchels, aufgeſtellt iſt.
Verſchiedene Sammlungen, wie der mathematiſch-phyſikaliſche Salon, das Naturalienkabinett, das geologiſche Muſeum u. a. ſind in den Zwingerbauten untergebracht. In der Gemäldegalerie, in der ſich die herrlichſten Ölgemälde fremder und deutſcher Meiſter, namentlich älterer Schulen, befinden, bewundern wir vor allem Rafaels Sixtiniſche Madonna, die für 20000 Dukaten an gekauft wurden iſt. Die Mutter Gottes ſchwebt mit dem Kinde auf dem Arme aus den Wolken, die ſich zu lauter Engelsköpfen geſtatten, hernieder, um den
Das Hoftheater zu Dresden.
heiligen Sixtus und die Barbara zu ſegnen. Als Seitenſtück zur Madonna von
Rafael beſitzt die Galerie die ebenfalls viel bewunderte Madonna von Holbein.
Von den übrigen älteren Meiſterwerken ſeien nur noch hervorgehoben die „Heilige
Nacht“ von
ſtellt werden, ſondern das auch eine hervorragende Pflegſtätte klaſſiſcher Muſik und des neuen deutſchen Opernſtiles iſt.
Und nun wenden wir uns der Brühlſchen Terraſſe zu. Sie iſt eine der größten Zierden und einer der herrlichſten Erholungsorte Dresdens. Schwer lich wird man in der Mitte einer anderen Stadt einen gleich bequemen, ſchattigen hoch über dem Ufer eines Stromes ſich hinziehenden, die bunteſten Bilder darbieten den Spazierweg wiederfinden. Auf den 41 Stufen einer ſchönen, 13 Meter breiten Freitreppe ſteigt man zu dem Brühlſchen Garten empor. Die Künſtlerhand Schillings hat dieſe Treppe geſchmückt mit vier trefflich ausgeführten Sandſtein gruppen, jede in drei ſtummen, überlebensgroßen Figuren eine Tageszeit darſtellend.
Die Brühlſche Terraſſe zu Dresden.
Teils auf der Terraſſe ſelbſt, teils als Rahmung derſelben, ſind in jüngſter Zeit
als neuer Schmuck erſtanden das Albertinum, die Kunſtakademie und das
Kunſtausſtellungsgebäude, entworfen und erbaut vom Baurat
Unter den evangeliſchen Kirchen iſt am hervorragendſten die Frauenkirche, ein Bauwerk, das auch eine ſehr merkwürdige Baugeſchichte hat. Ihr Schöpfer war Georg Bähr, ein ſchlichtes ſächſiſches Dorfkind, im Jahre 1666 zu Fürſten
Die Frauenkirche zu Dresden.
walde, einem Kitchdorfe an der ſächſiſch-böhmiſchen Grenze bei Lauenſtein im Erz gebirge, geboren. Die Grenzen ſeines Vaterlandes hatte Bähr nie überſchritten, ſo daß er durchaus keine Anregung durch den Anblick bedeutender Bauten empfangen hatte. Nach Dresden gekommen, ſchöpfte er als des „Rathes Zimmer meiſter“ den genialen Baugedanken der Frauenkirche, der ihn neben Michel Angelo und Chriſtopher Wren ſtellt, ganz aus ſich ſelbſt heraus. Mit zäher Energie führte der beſcheidene Meiſter trotz aller Angriffe neidiſcher Kunſtgenoſſen ſeinen Plan aus. im Jahre 1736 ſchloß er als ein Greis von 70 Jahren die gewaltige Kuppel, an deren Haltbarkeit man zweifelte, ſo daß der Rat wiederholt Gutachten und ſpezielle Riſſe für die Laterne forderte. Als der hochbetagte Meiſter durch einen Sturz vom Baugerüſte ſein Leben einbüßte (26. März 1738), bildete ſich die Sage, er habe freiwillig den Tod geſucht, um die Kämpfe ſeines Lebens damit zu enden. Sein heftigſter Gegner war Chiaveri, der Erbauer der katholiſchen Hofkirche. Wenn deſſen Werk in den ſinnlich anmutigen Formen den römiſchen Kultus vortrefflich zur Geltung bringt, ſo wirkt die Frauenkirche als proteſtantiſches Gotteshaus durch die Einfalt des Gedankens und der angewandten Mittel. Ihr Ruhm iſt ihre Wahrhaftigkeit, und bezeichnend ſagte ſchon der geiſtliche Redner 1760 in der erſten Predigt nach dem ſchrecklichen, 500 Häuſer zerſtörenden Bom bardement der Stadt und der Kitche von ihm „Sie iſt von Grund auf bis oben hinaus gleichſam nur ein einziger Stein“ Ebenbürtig reiht ſich die Kuppel der Frauenkirche ihrer großen Schweſter in Rom, nach deren Muſter ſie gebaut iſt, ſowie denen in Petersburg und London an.
Wenden wie uns zur Fortſetzung unſeres Rundganges wieder zurück nach
dem Schloßplatze! Wir durchſchreiten das Georgenthor, und kommen durch die
überaus belebte Schloßſtraßen deren glänzende Kaufläden eine geſchäftige und
ſchauluſtige Menge heranlocken, und deren Menſchengewühl uns ohne weiteres
die Großſtadt anzeigt, auf den Altmarkt. In der Mitte desſelben erhebt ſich als
Siegesdenkmal die „
Unweit der Südoſtecke des Altmarktes liegt die 1792 vollendete neue Kreuz kirche, deren gewaltiger Turm dem Dresdener zum Wahrzeichen der Stadt ge worden iſt. Die im Jahre 1760 beim Bombardement der Stadt eingeſchoſſene alte Kreuzkirche war inſofern denkwürdig, als in derſelben 1539 der erſte luthe riſche Gottesdienſt in Dresden abgehalten wurde.
Wollten wir bei unſerm Rundgange die verſchiedenften Bauſtile ſtudieren, wir fänden dazu die günſtigſte Gelegenheit. Bisher haben wir namentlich Bau
werke in Barock und Renaiſſance kennen ge lernt; auf unſerm weiteren Gange tritt uns nun auch die Gotik entgegen.
Die Johanniskirche zu Dresden.
Die am Georg platze gelegene Kreuz ſchule iſt ein echt gotiſcher Bau; ein Meiſterwerk der Früh gotik aber iſt die zur Pirnaiſchen Vorſtadt gehörige Johannes kirche, eins der neue ren kirchlichen Bau werke, das im letzten Jahrzehnte mannig fache Nachahmungen gefunden hat, aber noch niemals in ſei ner Schönheit erreicht worden iſt. Ein Sei tenſtück dazu aus frü- herer Zeit iſt die evan geliſche Hof- oder Sophienkirche, ur sprünglich ein altes Kirchengebäude, das man durch Umbau nur mit einem gotiſchen Äußeren verſehen hat.
Unter den ver schiedenen Kirchen der Fremdenkolonien ver dient unſere beſondere Beobachtung die ruſſi ſche Kirche, ganz im ruſſiſch-byzantiniſchen Stile hergeſtellt. Sie iſt ein verhältnismäßig niedriger Bau, der zwiſchen den Pracht villen des Fremden viertels der Südvor
Die ruſſiſche Kirche zu Dresden.
ſtadt faſt verſchwindet, aber dennoch mit ſeinen vielen Kuppeln auf die um liegenden Gebäude ſtolz wie eine Königin ausblickt.
Neben den Bauten und Kunſtſchätzen wird das Auge weiter erfreut durch geſchmackvoll hergeſtellte und wohlgepflegte gärtneriſche Anlagen.
Aus Dresdens beſter Zeit ſtammen die großartigen Anlagen des Großen Gartens, eines Parkes außerhalb der Stadt von 140 Hektar Fläche mit einem Palais im italieniſchen Villen-Renaiſſanceſtil. Der Große Garten diente früher gleich dem Jagdſchloſſe zu Moritzburg dem Hofe zur Abhaltung glänzender
Das Palais im Großen Garten zu Dresden.
Sommerfeſte; jetzt zieht, wie der Berliner in den Tiergarten, der Wiener in den Prater, der Pariſer in das Boulogner Gehölz, der Dresdner Spaziergänger hin aus in den Großen Garten und erfreut ſich an den alten, mächtigen Eichen und Linden desſelben, an dem Konzert der muntern heimiſchen Singvögel, an den klaren, fiſchreichen Teichen und Seen und an den wohlgepflegten Baum- und Pflanzengruppen auf den Zierplätzen. Die zahlreichen Fußwege und Fahrſtraßen, die in den verſchiedenſten Richtungen den Garten durchſchneiden, ſind jederzeit, namentlich aber an ſchönen Sonntagsnachmittagen, bevölkert mit Scharen der Erholung bedürftiger Menſchen aus allen Ständen.
Sollte eine Stadt, die ſo ausgezeichnet iſt durch Natur und Kunſt, ſowie auch durch ihre Bildungsſtätten für die Jugend, und deren Bewohner außerdem in dem Rufe ſtehen, daß ſie gegen Fremde ganz beſonders freundlich und zuvor
kommend ſind, nicht eine mächtige Anziehungskraft ausüben auf die reiſeluſtige, Belehrung oder Vergnügung ſuchende Menſchheit? In der That, es iſt ſo: Dresden iſt die bevorzugteſte Stadt der Fremden im deut ſchen Reiche. Namentlich die Ausländer ſind ſtark vertreten. Engländer, Amerikaner und Ruſſen bilden hier förmliche Kolonien, geben ganzen Stadtteilen den Namen und haben meiſt ihre eigenen Kirchen. Aber auch die Bewohner des Sachſenlandes kehren gern in Dresdens Mauern ein.
Sie alle erfahren die Wahrheit des Dichterwortes:
„Vertraulich ſchmiegt in breiter Thaleswiege Die Stadt dem ſtolzen Strom ſich an die Bruſt, Umkränzt vom Duft der blauen Höhenzüge, Still atmend, ihrer Schönheit unbewußt, Und hehre Bauten, Rieſenſteingefüge, Sie heben ſich verklärend aus dem Duft Zum lichten Reich der Schönheitsideale, Der Künſte ewig heitrem Freudenſaale.“