Kapitel 14. König Johann in der Schule.

War einſt ein Herr in Sachſenland, Schier einem jeden Kind bekannt, Der ging aus ſeiner Väter Schloß, Zu ſehen, was wohl klein und groß In ſeinen Schulen Rechtes trieb; Und weil er hatt’ die Kindlein lieb, Trat oft er zu der Schülerſchar, Bot ſeinen Fürſtengruß ihr dar Und ließ ſich zeigen dann geſchwind Geſchriebenes von jedem Kind, Ließ leſen aus dem Fibelbuch, Aufſagen manchen guten Spruch Und forſchte, ob in Glaubenstreu Sein Volk auch recht erzogen ſei, Und ob ſelbſt in dem ärmſten Kind Des Wiſſens Elemente ſind.

Sagt an, wer war der Herrſcher mild, Der da erſchien im Schulgefild’? Verkündet ſei es jedermann: Das war der weiſe Fürſt Johann!

Einſt wandert er in Geiſtesruh Dem Schulhaus eines Dorfes zu. Ins Zimmer trat er grüßend ein. Die Kinder waren ganz allein. Derweil der Lehrer nicht zur Stell’, Beginnt den Unterricht er ſchnell. Und während er noch fragt und lehrt, Der Lehrer iſt zurückgekehrt.

„Verzeihung, Ew. Majeſtät! Gar übel es der Gattin geht Die ſchwer erkrankt, – – doch hat die Nacht Auch große Freude mir gebracht.

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Ein Söhnlein ward geboren mir. Ich mußt’ es ſehn, war drum nicht hier.“ Der Fürſt reicht lächelnd ihm die Hand „Geht auf mein Schloß. Holt unverwandt Den Leibarzt Euch. Ich bleibe da!“ Der Herrſcher Helferdienſt verſah Dann ſchlug er auf das Klaſſenbuch Und ſchrieb mit einem kräft’gen Zug: „Laßt dieſen Fünfzigthalerſchein Zum Tauffeſt Euch willkommen ſein!“ [4] G.Freytag



[4] Die Begebenheit ſoll ſich zugetragen haben in einem Dorfe bei Jahnishauſen, in der Nähe der Stadt Rieſa. Das Schloß Jahnishauſen war ſeinerzeit im Beſitze des Königs Johann; heute iſt es Eigentum des Prinzen Max.