Das königliche Jagdſchloß Moritzburg.
Das bekannte Jagdſchloß Moritzburg iſt mitten im Friedewald oder in der Moritzburger Heide gelegen, die früher auch die Burggrafenheide hieß, weil ſie das Jagdrevier der Markgrafen von Meißen war. Die Heide iſt zwar nicht mit der Sächſiſchen Schweiz zu vergleichen, es finden ſich in derſelben nicht der artige Perlen landſchaftlicher Schönheit, dennoch gehört ſie zu den Gegenden des Vaterlandes, die dem Naturfreunde ſo manchen Genuß gewähren; und in der That, der ſinnige Wanderer, der zu Fuß die duftigen Wälder und einſamen Wieſengründe durchmißt, die freundlichen, zwiſchen Wald und Flur gelegenen Dörfer beſucht, an den ſchilfumgürteten Teichen und dunkelgrünen Weihern ruht oder von den lieblichen, waldumſäumten Höhenrücken ſein Auge aufwärts zu den
reizenden Loſchwitzer Höhen oder hinab nach Meißens rebenumrankten Geländen ſchweifen läßt, trifft hier genug herrliche, ſtimmungsvolle Bilder an.
Wer an einem ſonnigen Herbſttage dem inmitten eines großen, vom Waldes grün umrahmten Teiches gelegenen Schloſſe Moritzburg und der nähern Umgebung desſelben einen Beſuch abgeftattet hat, der wird gewiß das freundliche Bild lange in der Erinnerung behalten.
Moritzburg hat aber auch reiche geſchichtliche Erinnerungen. Seine Glanz periode liegt Jahrhunderte zurück. Oft die Reſidenz der Kurfürſten und ihrer hohen Gäſte, war es ehemals der Mittelpunkt großartiger Hoffeſte und Jagden. Götter- und Türkenaufzüge, Gaſtmähler, ländliche Maskenbälle, Schäferſpiele und Fackeltänze fanden unter Entfaltung großer Pracht, beſonders zu Auguſts des Starken Zeit, hier ſtatt.
Wie oft erſchallte damals der Wald von dem fröhlichen Hurrahuſſa der fürſtlichen Jäger und ihres Gefolges, von dem luſtigen Trara des Jagdhornes und dem lauten Gekläff der das Wild hetzenden Meute! Mit reicher Jagdbeute beladen, kehrten dann die fürſtlichen Nimrode heim aus den weiten Jagdgründen, die damals zahlreiche Hirſche, Rehe, Schwarzwild und ſelbſt den grimmen Auer ochſen beherbergten. Auf einer Waldwieſe lagerten ſich die Jäger nach beendeter Jagd unter Jubel um das vom Jagdherrn geſpendete fürſtliche Jagdfrühſtück, bei welchem in hohen, ſeltſame Tiergeſtalten darſtellenden Pokalen die herr lichſten Weine gereicht wurden. Zu fröhlicher Tafelrunde aber verſammelte der Jagdherr ſeine Gäſte in den prächtigen Sälen ſeines Schloſſes. Wie glänzten da die ſonſt dunklen Räume in feenhafter Beleuchtung, und wie hallten ſie wieder von dem Jauchzen der zahlreich erſchienenen vornehmen Jagdgäſte, die zu Spiel und Scherz ſich vereinigten! Holde Frauen in den koſtbarſten Gewändern rauſchten hin und her; im Koſtüm der Diana waren ſie die Königinnen des Feſtes, ver herrlicht und geprieſen durch das Lied ritterlicher Sänger.
An dem das Schloß umflutenden Teiche mit ſeinen grünenden Inſeln ſaßen in maleriſch gelegenen, niedlichen Fiſcherhütten die vornehmen Fiſcher und angelten mit goldenen Ruten, oder ſie ſchaukelten ſich auf reichen, goldglitzernden Gondeln, geführt von Gondelieren, die in die Tracht venetianiſcher Schiffer gekleidet waren. Majeſtätiſch glitt der Schwan, der königliche Vogel, über die klaren Fluten des Teiches, deſſen Ufer belebt waren von dem Gewimmel mannigfaltigen buntgefiederter Vögel, unter denen ſelbſt der Strauß, der Rieſenvogel der Wüſte, nicht fehlte.
Auf prächtigen, ſonnigem Wieſenplan, hinter verſchnittenen Büſchen und
Hecken aber führten die vornehmen Damen, als Schäferinnen gekleidet, die ge
puderten Köpfe mit großen, breitkrempigen Schäferhüten bedeckt, ein idylliſches
Schäfer und Hirtenleben, wie es am franzöſiſchen Hofe in dem lieblichen Trianon
zu Verſailles zur Zeit Ludwigs
Jetzt iſt von all jener Pracht und jenem fürſtlichen Leben in Moritzburg nichts mehr zu ſehen. Stille herrſcht in den Sälen des Schloſſes und Ruhe in den Gängen und Alleen des Gartens.
Und doch verlohnt es ſich heute noch ſehr, dem durch Erhabenheit der Bau art, durch prächtige Lage und großartige innere Ausſchmückung berühmten Schloſſe,
an dem edler Kunſtſinn und fürſtlicher Reichtum der ſächſiſchen Fürſten in ſo hohem Grade ſich bethätigten, einen Beſuch abzuſtatten.
Das Gebäude liegt auf einer von dem großen und ſchönen Schloßteiche umgebenen, aus Granitfelſen beſtehenden Inſel, welche durch zwei mit hohen Kaſtanien beſetzte Dämme mit dem feſten Lande verbunden iſt, und wird durch vier runde, mit Kuppeldächern verſehene Türme gekrönt Es erhebt ſich auf einer Terraſſe, zu welcher eine große Freitreppe fährt. Das Geländer des das Schloß einſchließenden großen Platzes iſt mit Vaſen und Bildſäulen geſchmückt, welche der Beſtimmung des Schloſſes entſprechen.
Den Bau des Schloſſes begann Kurfürſt Moritz, deſſen Namen es auch führt. Seine Nachfolger vollendeten denſelben, vergrößerten den Schloßgarten und ſchmückten das Innere des Schloſſes wie die Umgebung mit verſchwenderiſcher Pracht aus.
Es enthält ſieben große Säle, zweihundert Zimmer und viele kleinere Räume, dazu auch eine Kapelle. Die Zimmerwände ſind mit einer gold bedruckten Ledertapete überzogen. Den Hauptſchmuck der Säle bilden die mit rieſigen Geweihen verſehenen Hirſchköpfe. So befinden ſich in dem Speiſe- oder Bankettſaale einundſiebzig der ſeltenſten natürlichen Hirſchgeweihe auf künſtlichen hölzernen Hirſchköpfen, die, durch die großen Wandſpiegel vervielfältigt, einen höchſt anmutigen Anblick gewähren. Keins der Geweihe hat weniger als vier undzwanzig Enden, einige haben deren ſogar fünſzig. Außerdem ſind die Wände verſchiedener Zimmer mit herrlichen Gemälden geſchmückt, meiſt prächtigen Tier ſtücken und Jagdbildern. Darunter befindet ſich auch ein berühmtes, auf Holz gemaltes Bild von Lukas Kranach, eine große Jagd bei Zſchopau darſtellend.
Von dem Altare dieſes Zimmers aus genießt man eine prächtige Ausſicht, indem man hier durch neun in den Wald gehauene, breite Alleen blickt. Am Ende der mittelſten erhebt ſich das „Neue Schloß“ mit der Faſanerie.
Das letztere, am ſchönſten der Teiche, dem Großteiche, maleriſch inmitten
des Faſanengartens gelegen, iſt von Friedrich Auguſt
Auf dem Großteiche ſchwamm ehemals auch eine mit einem Aufwand von 30000 Thalern nach dem Muſter eines wirtlichen Seeſchiffes erbaute Fregatte, die eine Reihe von Jahren bei den großen Feſten ſtolz ihre Segel blähte.
Oft beherbergte Moritzburg berühmte Gäſte in ſeinen Mauern. Am 21. Juli 1807 fuhr in prachtvollem, von ſechs Rappen gezogenen Galawagen Friedrich Auguſt der Gerechte mit Kaiſer Napoleon und König Hieronymus von Weſtfalen in Begleitung der königlichen Familie und eines glänzenden Gefolges nach Moritz burg, wo unter Entfaltung großen Pompes die Erhebung Sachſens zum König reiche gefeiert wurde. Noch einmal ſah Moritzburg eine ſolche glänzende Ver ſammlung von Königen und Fürſten. Im Frühjahr 1812 veranſtaltete Friedrich Auguſt eine große Jagd, zu welcher Kaiſer Napoleon, ferner Kaiſer Franz von